Was würde passieren, wenn das Zeichentrickfilmstudio Studio Ghibli und das Lied von Eis und Feuer – besser bekannt als Game of Thrones – ein Kind hätten? Ja wenn sogar beide Elternteile große Fans von Karten- und Brettspielen wären. Dann würde das Kind womöglich Armello heißen. Nun erscheint das märchenhafte Spiel am 27. September 2018 im eShop für die Nintendo Switch, nachdem es bereits 2015 erfolgreich auf Kickstarter finanziert und im selbigen Jahr auf PC und PS4 vom Entwickler und Publisher League of Geeks veröffentlicht worden ist. Ein Jahr später folgte dann eine Xbox One Version, ebenso eine iOS Version in diesem Jahr. Doch kann das Spiel abseits von seinem Charme überzeugen?
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Jemand muss etwas tun, der König ist wahnsinnig geworden! Mit purpurn leuchtenden Augen und seinen scharfen Löwenkrallen umfasst der König das Schwert und blickt seine Wachen finster an. Die dunkle Fäule hat ihn befallen und lässt ihn sein Volk tyrannisieren. Das einst von ihm vereinte Königreich zerfällt und die vier Klans des Königreichs spalten sich erneut, nur um in einem Wettstreit den König zu stürzen und nach dem Thron zu eifern.
Während stimmungsvoll inszenierte Tage und Nächte vergehen, leidet der König ersichtlich immer mehr an der Fäule, sodass seine Lebenskraft immer weiter nachlässt. Nun liegt es an dem vom Spieler erwählten Helden, die Fäule und den König zu besiegen, sodass er selbst als neu ernannter König ehrenvoll oder ebenso wahnsinnig herrschen kann. Als Mitglied des Wolf-, Hasen-, Ratten- oder Bärenklans kann man aber auch durchaus einen friedvolleren Weg einschlagen und den König beispielsweise mit Hilfe von Geistersteinen heilen oder aber das höchste Ansehen im Königreich anstreben, sodass man nach dem Ableben des Königs vom Volk als Nachfolger ernannt wird.
Nach einer kurzen Intro-Sequenz im wunderschön animierten Zeichentrick-Stil wird in einem 4-teiligen Prolog diese Geschichte der Klans erzählt, ebenso werden dem Spieler die Helden und Spielmechaniken Stück für Stück vorgestellt. Hier gibt es viel zu lesen, denn trotz einer stimmigen Atmosphäre, gibt es keinerlei Sprachausgabe für die tierischen Helden. Die Texte sind allerdings komplett auf Deutsch verfügbar.
Die Jagd nach dem König findet auf einem immer gleichen, jedoch fabelhaft aussehenden Spielbrett statt, bestehend aus zahlreichen sechseckigen Feldern, welche unterschiedliches Terrain wie Flachland, Bergland, Sümpfe oder auch Siedlungen und Steinkreise repräsentieren. Die Helden der vier Klans starten in ihren Lagern auf jeder Seite des Brettes. Inmitten des Spielbretts steht das Schloss des Königs, in dem dieser vor lauter Wahnsinn herausbrüllt und dessen Wachen das Schloss und den König selbst verteidigen. Die meisten der detailreichen Spielfelder besitzen einen Effekt. So erleidet der Held beim Durchlaufen eines Sumpfes Schaden, während das Durchqueren eines Berges zwei Aktionspunkte (AP) kostet, dafür aber einen Verteidigungsbonus bietet. Richtig gelesen, die Spieler können ihre Helden rundenbasiert mit Hilfe von AP bewegen und Aktionen durchführen, welche sich aber zu Beginn einer Runde wieder komplett auffüllen.
Über wie viele AP ein Held verfügt hängt von seinen Werten ab. Diese besitzen nämlich klassische Rollenspiel-Attribute wie beispielsweise Leben, Magie, Kampf, Verstand, Geist und mehr. Hinzu kommen Gegenstände, Zauber und Begleiter in Form von Karten, die man verwenden oder ausrüsten kann. Diese lassen sich ganz einfach vom linken Bildschirmrand auf das Spielbrett oder ins Inventar, wahlweise per Touch-Steuerung, ziehen. So können Lebenspunkte wieder aufgefüllt werden, wenn der Held beispielsweise von der Fäule befallen worden ist und dadurch Lebenspunkte verloren hat oder man kann den Helden mit einem Schwert ausrüsten, welches +2 auf Kampf gibt. Sollte es trotz der intuitiven Steuerung Probleme bei der Bedienung geben, haben die Entwickler sinnvollerweise die wichtigsten Funktionen mit der jeweiligen Tastenbelegung markiert und auch insgesamt die Steuerung und Bedienung der Menüs einfach gehalten.
In jeder Runde füllen alle Helden ihre Hand mit neuen Karten aus den Stapeln Ausrüstung, Zauber und Tricks auf. Das Ausspielen von Karten kostet in den meisten Fällen Gold. Dieses erhält man durch das Einnehmen von neutralen oder feindlichen Siedlungen. Denn pro Siedlung gibt es zum Sonnenaufgang jeweils ein bisschen Gold als Belohnung. Alternativ können die vom König gekennzeichneten Spieler für ein Kopfgeld gejagt werden, wenn diese beispielsweise gesucht werden, weil sie sich unerlaubten Zutritt zum Schloss verschafft oder aber bereits einen anderen Helden für Ansehen getötet haben. Der Held mit dem meisten Ansehen kann nämlich nicht nur potentiell das Spiel gewinnen, er kann auch jede Runde dem König bei seinen täglichen Entscheidungen für neue Gesetze beistehen und ihn beeinflussen. Sollte ein Held mal getötet werden, startet dieser in seinem Lager neu und verliert wichtige Zeit. Auch können Trick-Karten dafür sorgen, dass der Held auf dem Weg zu seiner nächsten Aufgabe aufgehalten wird. So können beispielsweise Felder, auf denen Trick-Karten liegen, bei einer Durchreise Lebenspunkte und AP kosten.
Welchen Weg ein Held auch wählt, siegen kann er lediglich, wenn er sich im Laufe des Spiels weiterentwickelt und stärker wird. Dazu gehört die Erledigung von Aufgaben, die auf dem Spielbrett markiert werden und vom Helden aufgesucht werden müssen. Hierbei hat der Spieler allerdings die Wahl, ob die jeweilige Aufgabe in jedem Fall erfolgreich abgeschlossen wird – die sichere Variante – oder aber, ob er auf Bonusbelohnungen würfelt und gegebenenfalls seltene Artefakte, Gold, Ansehen oder auch Attribute gewinnt.
Schlägt solch ein Würfelspiel allerdings fehl, können zwar die Belohnungen der Quest eingesammelt werden, allerdings erleidet der Held beispielsweise Schaden. Auch Ruinen-Felder beinhalten wertvolle Schätze, die bei einem Besuch eingesammelt werden können. Insgesamt fühlt sich die Balance zwischen Gefahr und Belohnung ziemlich fair an.
Auf dem Weg zum Sieg stellen sich oftmals gegnerische Helden, Wachen des Königs oder aber durch die Fäule erweckte Flüche in den Weg. Die Kämpfe laufen dabei stets nach dem gleichen Muster ab. Nachdem anhand des Kampf-Wertes eines Helden darüber entschieden wurde, wie viele Würfel dieser bekommt, können anschließend durch das Ausspielen von Karten und Tragen von Ausrüstung Punkte in Angriff und Defensive investiert werden. Je nachdem, auf welcher Seite ein Würfel gelandet ist, erhält man entweder weitere Punkte oder einen Fehlschlag. Die Werte werden zum Schluss mit denen des Gegners verglichen und gegebenenfalls Lebenspunkte abgezogen.
Das Kampfsystem ist aber keinesfalls zu simpel angelegt, denn nicht nur die ausgespielten Karten und die Ausrüstung spielen eine wichtige Rolle, auch können der Tag-Nacht-Wechsel und die Feld-Boni ausschlaggebend für den Ausgang eines Kampfes sein. Ebenso kann die Fäule Einfluss auf den Kampf nehmen, denn wenn ein Held mehr Fäule-Punkte hat als der Gegner, so erhält dieser die Anzahl der gegnerischen Punkte als Bonuswürfel. Wer seine Züge nicht vorausschauend plant, kann ebenso durch einen Hinterhalt überrascht werden, wenn beispielsweise ein gegnerischer Held einen Angriff von hinten startet. Das Ausspielen von Karten ist bei einem Hinterhalt sogar komplett verboten.
Neben strategischem Geschick spielt aber auch Glück ebenso eine Rolle. Doch hier können die unterschiedlichsten Affinitäts-Boni der Charaktere weiterhelfen. So können zum Beispiel Wölfe in der Nacht besser kämpfen, weil sie einen Bonuswürfel erhalten. Auch die anderen Klans besitzen entsprechende Vorteile, die an den Tag-Nacht-Wechsel gebunden sind, wobei diese sich nicht großartig voneinander unterscheiden.
Armello lässt sich entweder allein gegen den Computergegner oder aber online mit bis zu drei weiteren Spielern spielen. Hier können Spieler im Level aufsteigen sowie neue Portraits und Rahmen freischalten. Ein Matchmaking- und Empfehlungs-System sorgen dafür, dass passende Spieler mit ungefähr der gleichen Spielerfahrung zusammengebracht werden. Einen Story-Modus oder ein lokales Multiplayerspiel sucht man hier vergebens. Schade, denn hier verschenkt man Potential für Spieleabende unter Freunden auf der Couch.
Über zahlreiche Hausregeln lassen sich diverse Optionen ein- und ausschalten. So kann unter anderem das Verhalten des Königs oder auch ein Zugtimer eingestellt werden. Eine Option für die Stärke des Computergegners fehlt allerdings. Für ambitionierte Spieler gibt es Erfolge, wie zum Beispiel ein Sieg ohne Tod, sowie eine Karten-Galerie, in der alle Karten, die während eines Spiels ausgespielt worden sind, in einer übersichtlichen Auflistung landen.
Dem Entwickler League of Geeks ist es gelungen, mit Armello einen stimmungsvollen und märchenhaften Mix aus Brettspiel und Kartenspiel auf eine interessante Art und Weise zu kreieren. Die strategischen Möglichkeiten, mit dem tierischen Helden den Sieg zu erringen, sind trotz der einfach gehaltenen Steuerungen und Systeme komplex genug, um auch erfahrene Spieler herauszufordern. Die ineinandergreifenden Spielmechaniken sind clever kombiniert und bieten viele unterschiedliche Szenarien. Dank der zahlreichen Möglichkeiten für Hausregeln können aber auch gemütliche und entspannte Runden zustande kommen, sodass neue Spieler nicht gleich überfordert werden. Einen ausgeklügelten Story-Modus mit unterschiedlichen Spielbrettern und einer Sprachausgabe abseits des Prologs sowie einen lokalen Multiplayer-Modus hätten wir uns aber dennoch gewünscht. Nichtsdestotrotz kann Armello mit seinem Charme und den durchdachten Rollenspielelementen überzeugen.
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